Was ist Ihr Unternehmen wert? Vereinfachter Ertragswert und betriebswirtschaftliche Bewertung (IDW S 1)

Wenn die Unternehmensnachfolge ansteht, sei es durch den Verkauf des Unternehmens oder durch die Schenkung an Familienangehörige, stellt sich die Frage, welchen Wert das Unternehmen hat.

Für steuerliche Zwecke ist grds. das vereinfachte Ertragswertverfahren (§§ 199 BewG) anzuwenden. Es kann jedoch gem. § 11 Abs. 2 S. 2 BewG auch ein betriebswirtschaftliches Unternehmensbewertungsverfahren angewendet werden. Dieses Wahlrecht bietet Spielraum zur Steueroptimierung bei der Unternehmensnachfolge im Rahmen von Schenkungen an Kinder.

Bei einem Verkauf an Dritte sollten zur Ermittlung eines angemessenen Kaufpreises betriebswirtschaftliche Unternehmensbewertungsverfahren herangezogen werden.

1. Vereinfachtes Ertragswertverfahren
Das vereinfachte Ertragswertverfahren findet bei der steuerlichen Unternehmensbewertung Anwendung. Die Bewertungsmethodik ist im Bewertungsgesetz (BewG) in den §§ 199 ff. festgelegt.

§ 200 BewG gibt vor, dass zur Ermittlung des Ertragswerts der zukünftig nachhaltig erzielbare Jahresertrag mit dem Kapitalisierungsfaktor zu multiplizieren ist. Dieser Jahresertrag ergibt sich aus dem Durchschnittsertrag, welcher auf Basis der vergangenen drei Geschäftsjahre ermittelt wird. Basis hierfür ist der Gewinn aus der Steuerbilanz bei bilanzierenden Unternehmen oder das Ergebnis aus der Einnahmen-Überschussrechnung.

Der Durchschnittswert ist noch durch Hinzurechnungen und Abzüge weiterer Faktoren zu korrigieren (§ 202 BewG). Der Kapitalisierungsfaktor ist vom Gesetz vorgegeben und beträgt bei diesem Verfahren 13,75 (§ 203 BewG).

 

Nachhaltiger Jahresertrag

x

Kapitalisierungsfaktor (13,75)

=

Ertragswert des betriebsnotwendigen Vermögens

+

Nettowert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens

+

Gemeiner Wert der Beteiligungen

+

Nettowert des jungen Betriebsvermögens

=

Wert nach vereinfachtem Ertragswertverfahren

 

2. Betriebswirtschaftliche Unternehmensbewertung (IDW S 1)

Für die betriebswirtschaftliche Unternehmensbewertung werden in der Praxis die vom Institut der Wirtschaftsprüfer im IDW S 1 dargestellten Grundsätze angewendet.

Der Wert eines Unternehmens bestimmt sich demnach anhand des Barwerts der zukünftigen Nettozuflüsse (Überschüsse) an die Unternehmenseigner. Die Abzinsung der zukünftigen Überschüsse erfolgt mit einem risikoadäquaten Kapitalisierungszinssatz.

Das Ertragswertverfahren nach IDW S 1 soll eine realistische Abbildung des Unternehmenswertes ermöglichen. Zur Ableitung der zukünftigen Überschüsse werden  explizite Planungsrechnungen berücksichtigt. Der Kapitalisierungszinssatz wird individuell ermittelt und berücksichtigt dabei neben dem risikofreien Basiszinssatz und der Marktrisikoprämie auch unternehmensspezifische Risiken.

 

Ausschüttbare Überschüsse

:

Kapitalisierungszinssatz (Basiszinssatz + Beta-Faktor x Marktrisikoprämie)

=

Ertragswert des betriebsnotwendigen Vermögens

+

Liquidationswert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens

=

Wert nach IDW S 1

Neben dem branchenunabhängig anwendbaren Verfahren nach IDW S 1 gilt etwa bei Handwerksbetrieben eine Bewertung nach dem AWH-Standard als anerkanntes branchenspezifisches Unternehmensbewertungsverfahren.

Bei kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) ergeben sich i.d.R. gemäß Auswertungen von Institutionen deutlich niedrigere Unternehmenskaufpreise bzw. Unternehmenswerte als beim vereinfachten Ertragswertverfahren.

3. Beispiel

Der Vater Alexander schenkt seinen 25 %-Anteil an der ABC GmbH an seinen Sohn Christian. Welche Schenkungsteuer fällt dabei an?

Bei einer Bewertung nach dem vereinfachten Ertragswertverfahren würde sich ein Unternehmenswert i.H.v. EUR 4.812.500 ergeben, d.h. für die 25 %-Beteiligung i.H.v. EUR 1.203.125. Die darauf entfallende Schenkungsteuer würde sich unter Berücksichtigung eines Schenkungsteuerfreibetrags i.H.v. TEUR 400 (§ 16 ErbStG) auf EUR 152.589 belaufen.

Bei einer Bewertung nach einem betriebswirtschaftlichen Verfahren könnte sich in dieser vereinfachenden Betrachtung unter Heranziehung von KMU Multiples ein Unternehmenswert i.H.v. EUR 2.950.000 ergeben, d.h. für die 25 %-Beteiligung i.H.v. EUR 737.500. Die darauf entfallende Schenkungsteuer würde sich auf EUR 50.625 belaufen.

In diesem Fall könnte sich durch die Wahl eines betriebswirtschaftlichen Bewertungsverfahrens eine Steuerminderung i.H.v. über TEUR 100 ergeben.

Das Beispiel zeigt ebenfalls, dass sich eine strategische Nachfolgeplanung lohnt. Hätte der Vater nämlich im Zeitpunkt der Schenkung mehr als 25 % der Anteile an der GmbH (bzw. würde eine Poolvereinbarung existieren), so würde es sich um begünstigungsfähiges Vermögen i.S.d. § 13b Abs. 1 Nr. 3 ErbStG handeln. Unter Berücksichtigung der Steuerbegünstigungen nach §§ 13a, 13b ErbStG hätte die Besteuerung ggf. vollständig vermieden werden können.

4. Fazit

Die Frage, welchen Wert ein Unternehmen hat, lässt sich nicht pauschal beantworten. Gerade bei KMU führt das für steuerliche Zwecke vorgesehene vereinfachte Ertragswertverfahren, welches stark pauschalisierende Annahmen beinhaltet (insb. Kapitalisierungsfaktor 13,75), oftmals zu überhöhten Unternehmenswerten.

Mit einer betriebswirtschaftlichen Unternehmensbewertung kann bei einer Schenkung an die Kinder hierdurch ggf. eine Steuerminderung erreicht werden. Bei einem Verkauf an Dritte kann hierdurch ein realistischer Unternehmenswert – als Grundlage für die Kaufpreisverhandlungen - ermittelt werden. Daher ist es im Rahmen der Unternehmensnachfolge empfehlenswert, Überlegungen zum Unternehmenswert nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen vorzunehmen.

Als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater unterstützen wir Sie gerne bei der Ermittlung des steuerlichen bzw. betriebswirtschaftlichen Unternehmenswerts.

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